Welche Rolle spielt der Iran im Kampf um die regionale Vorherrschaft im Nahen Osten? Nimmt der Westen, insbesondere in der medial verbreiteten öffentlichen Meinung, ausreichend zur Kenntnis, dass es eine Doppelgesichtigkeit gibt von sympathischen und zukunftsgerichteten Kreisen um den Präsidenten Rohani, die jedoch wenig gesellschaftliche Macht hätten und den fundamentalistischen Mullahstrukturen, die ihren Macht- und Gebietseinfluss nach wie vor behaupten und den Iran zum Akteur an allen maßgeblichen Fronten machen: In Syrien, in Jordanien, im Irak und im Jemen? Wie verhält es sich mit der Türkei, die unbeschadet ihrer autokratischen Entwicklung als Verbündeter heiß begehrt ist, denn sie ist ein für den Westen wichtiger Eckstein an der südöstlichen Natoflanke, was aber auch Putin weiß, der die Türkei seit Jahren gerne aus der Nato herausbrechen würde und sie deshalb umwirbt? Was ist mit den syrischen Kurden, die mit den USA im Kampf gegen den IS verbündet sind, deren Unabhängigkeitsstreben jedoch weder dem Nato-Partner Türkei noch dem Irak akzeptabel erscheint? Gibt es wirklich keine Chance für einen syrischen Frieden, weil man in einer Patt-Situation angelangt ist zwischen der Stabilisierung der Assad-Regierung durch die Russen und starken Gegenkräften, die entweder aus den USA oder aus dem Iran unterstützt werden? Gelingt Trump ein Deal zwischen den Israelis und den Palästinensern und ist seine Jerusalem-Entscheidung marginal oder bedeutsam töricht, weil sie Saudi Arabien als amerikanischen Verbündeten in eine unmögliche Position gegenüber den anderen arabischen Nationen gebracht habe? Ist Saudi-Arabien wiederum unter seinem jungen Kronprinzen auf dem Weg in eine längst überfällige Modernisierung angesichts zur Neige gehender Ölvorräte oder immer noch eine islamische Fundamentalisten-Autokratie, die man als westlicher Demokrat eigentlich nicht guten Gewissens als Partner akzeptieren kann?
Der Republikaner Peter Rough, Nahost-Experte, Politikberater und Fellow am Hudson Institute in Washington, und der Islamwissenschaftler, Autor und politischer Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Dr. Rainer Hermann diskutierten unter der moderierenden Leitung von Prof. Dr. Gunther Hellmann, Professor für Politikwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität alle diese Fragen leidenschaftlich und waren in ihrer Analyse häufiger einer Meinung, als man angesichts der Ausgangslage hätte vermuten können.
Das Frankfurter Diskussionsforum “Montagsgesellschaft” hatte mit Unterstützung des Amerikanischen Generalkonsulats eingeladen, um unter dem Titel “Die Zukunft des nahen Ostens” über amerikanische und europäische Interessen zu diskutieren.
Was konnten die Schülerinnen und Schüler aus dieser komplexen Gemengelage als diskussionswürdige Thesen mitnehmen?
1. Ein militärisches Eingreifen des Westens war bislang kontraproduktiv und wird absehbar auch nicht mehr stattfinden – es sei denn, dass der Iran die Energiewege aus dem Nahen Osten in den Westen verstellt.
2. Die Stabilität Saudi-Arabiens könnte trotz aller Bauchschmerzen über diesen problematischen Verbündeten im elementaren Interesse des Westens sein.
3. Auch am Beispiel der Türkei zeigt sich, dass am Ende eher strategische Machtinteressen handlungsleitend sind als moralisierende Politikbetrachtungen.
4. Eine “europäische” Dimension, wie sie im Titel des Vortrags angeklungen war, kam im Verlauf des Vortrags nicht mal zur Sprache. Ob das etwas zu bedeuten hat?
Am Rande der Veranstaltung kamen die Schüler mit dem aus Fernsehen und Internet bekannten Börsenexperten “Mr. Dax” Dirk Müller ins Gespräch. Herr Müller, der auch die weltpolitische Lage in Internet- und Buchpublikationen kritisch kommentiert, nahm sich ausführlich Zeit, mit den Schülern ins Gespräch zu kommen und stellte in Aussicht, seine nächste Publikation auch einmal am Kaiserin-Friedrich-Gymnasium zum Gegenstand einer kritischen Diskussion zu machen.