Am 19. Juni 2017 fand in der Aula des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums eine Podiumsdiskussion im Vorfeld der Bundestagswahl am 24. September 2017 für die Jahrgangsstufe Q2 statt. Gäste der Veranstaltung waren folgende Vertreter der Parteien: Markus Koob (CDU, MdB), Dr. Ilja-Kristin Sewald (SPD), Wolfgang Schmitt (Bündnis 90-Die Grünen), Dr. Stefan Ruppert (FDP), Sylvia Lehmann (Die LINKE).
Zu den drei Themenblöcken nahmen die Vertreter ihre Position ein:
Rente und soziale Gerechtigkeit in Deutschland
Zunächst wurde über das Thema soziale Gerechtigkeit, sowie das Rentensystem Deutschlands diskutiert und jede/-r Parteienvertreter/-in hielt sein/ihr Eingangsplädoyer. Herr Koob, Vertreter der CDU, erklärte, dass seine Partei für ein stabiles Rentensystem stehe und dieses fördern wolle. Generationengerechtigkeit sei von großer Wichtigkeit. Die heutige junge Generation müsse sich darauf verlassen können, dass das Rentensystem weiter aufrecht erhalten bleibe und die kommenden Generationen in das System einzahlen, damit es auch für sie eine Rente gebe. Zudem betonte Herr Koob, dass die jetzige alte Generation Deutschland mit aufgebaut habe, weswegen sie auch einen Anspruch auf ihre Rente hätte. Solange jeder seiner Arbeit nachgehe und in die Rentenkassen einzahle, sehe die Zukunft für das deutsche Rentensystem nicht allzu schlecht aus. Problematisch sei nur, dass es schon seit vielen Jahren zu wenige Renteneinzahler gebe, die Zahl der Rentenempfänger aber stark ansteige. Dieses ungünstige Verhältnis gelte es in den Griff zu bekommen. Da immer weniger Kinder geboren würden, schrumpfe die junge oder auch heranwachsende Generation, die momentane Rentnergeneration sei hingegen viel zu groß.
Frau Dr. Seewald, Vertreterin der SPD, bestätigte diese Fakten und Ansichten weitestgehend. Sie denkt jedoch, dass man höchst wahrscheinlich das Rentenalter um etwa 2 Jahre erhöhen müsse, damit das Rentensystem nicht zerbreche. Je kürzer die Menschen arbeiteten, desto gefährdeter sei die Rente der Alten. Dennoch wäre es verständlich und auch zu unterstützen, dass jemand, der sein Leben lang schwer körperlich gearbeitet hätte, früher einen Anspruch darauf hätte in Rente zu gehen.
Herr Dr. Ruppert, Vertreter der FDP, sieht dies recht ähnlich. Er betonte ausdrücklich: „Eine Rente mit 63 Jahren ist eine falsche Entscheidung!“ Das Rentenalter sollte seiner Meinung nach auf 67 Jahre erhöht werden, da das System der Rente sonst nicht realisierbar wäre. Herr Schmitt, als Vertreter der Grünen, merkte an, dass das Rentensystem nur funktioniere, wenn Zuschüsse aus den Steuern geleistet würden und diese zusätzlich in die Rentenkassen fließen. Frau Lehman, Vertreterin der LINKEN, stellte klar, dass alle Bürger und Bürgerinnen, ob Manager, Unternehmer oder Beamte die Rente finanzieren müssten, da die Altersarmut beträchtlich wachse und ihr somit entgegengewirkt werden könne.
In einer anschließenden offenen Diskussion zwischen allen Parteienvertretern wurde direkt deutlich, dass es nahezu unmöglich sei ein optimales Rentenalter zu bestimmen oder eine zukunftsversprechende und von allen Seiten begrüßte Rentenfinanzierung festzulegen. Ein Konsens herrschte einzig und allein darüber, dass das Rentensystem primär auf drei Säulen basiere und jeder Arbeitnehmer verpflichtet sei einzuzahlen. Private, betriebliche und staatliche Rentenfinanzierung bilden das Fundament für ein funktionierendes System.
Bei Einführung des Rentensystems in den 1950er Jahren herrschte in Deutschland noch eine komplett andere demografische Situation. Es wurden viel mehr Kinder geboren als zur heutigen Zeit und die junge Generation dominierte. Man sagte, dass zwei bis drei Arbeitstätige für die Rente eines Pensionärs aufkommen würden. Heute, nach einem bedeutenden demografischen Wandel, hat sich das Blatt entscheidend gewendet und ein einzelner Arbeitnehmer finanziert die Rente zweier Rentner.
Herr Dr. Ruppert von der FDP behauptete abschließend, dass es von großer Bedeutung sei, dass das Rentenniveau erhalten und nicht erhöht werde, um die Arbeitnehmer nicht weiter zu belasten. Doch man müsse anstreben, die Einzahlungen weitgehend konstant zu halten. Herr Schmitt, stellvertretend für die Grünen, ergänzte, dass qualifizierte Zuwanderung aus den Nachbarstaaten notwendig sei, um das deutsche Rentensystem zu stabilisieren. Eine höhere Quote an qualifizierten Arbeitskräften verspräche Erfolg für die Zukunft der Renteneinzahlungen.
Die Zukunft der EU: Staatenbund oder Bundesstaat
Der zweite Abschnitt der Podiumsdiskussion handelte von der Zukunft der EU und Deutschlands Rolle innerhalb der EU. Wie schon zuvor begannen die Vertreter ihre Positionen darzustellen. Herr Koob ging erst einmal auf das Verhältnis zwischen den USA und der EU ein. Dieses sehe er zurzeit natürlich als stark belastet, denke allerdings, dass Amerikas „Sonderweg“ keinen langen Bestand habe. In naher Zukunft könne er sich bereits erneute transatlantische Beziehungen vorstellen von denen auch Deutschland profitiere. Auch der Wahlausgang in Frankreich habe ihn persönlich sehr positiv gestimmt, da Frankreich somit wieder auf der richtigen Schiene wäre und Frankreich der EU erhalten bleibe. Dieses Wahlergebnis sei ein großer Schritt für die EU und verbessere außerdem die deutsch-französische Freundschaft. Frau Dr. Seewald entgegnete ohne Zögern: „Europa ist die Lösung, nicht das Problem!“ Sie sehe großes Potenzial in der Entwicklung Europas und der EU. Wichtig sei ihr ein solidarisches, demokratisches und offenes Europa, denn nur gemeinsam mache man Fortschritte, die die Zukunft zu verändern. Einen entscheidenden Faktor stelle ihrer Meinung nach auch die Jugend von heute dar. Die Jugend spiele eine wichtige Rolle in der Friedenserhaltung und Völkerverständigung und wirke bedeutsam an Gelingen der EU mit. Um ein starkes Europa zu unterstützen, würde sie sich dafür einsetzen, dass die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, sowie die europäischen Institutionen gestärkt würden.
Auch Herr Dr. Ruppert sieht in der EU eine tolle Errungenschaft. Nationale Problemlösungen seien nicht mehr ausreichend. Für Entscheidungsfindungen sei die EU besser geeignet und besser aufgestellt. Die EU müsse gemeinsam für demokratische Werte einstehen, die sie selbst verkörpert und danach handeln.
Herr Schmitt brachte nochmal ein neues Thema auf, indem er den Brexit, den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, erwähnte und deutlich machte welch gravierende Folgen dieses Referendum Großbritanniens für die Wirtschaft der EU haben werde. Diese Entscheidung des Vereinigten Königreichs hätte Großbritannien selbst, aber auch den ganzen EU-Raum wirtschaftlich extrem geschwächt.
Herr Schmitt sagte abschließend, dass die EU in Zukunft Problemen früher präventiv begegnen müsse und geschlossener zusammenstehen müsse, damit Entscheidungen wie das britische Referendum gar nicht erst zu Stande kämen. Die Voraussetzungen dafür seien allemal gegeben.
Letztendlich zeigte sich unter den Vertretern der einzelnen Parteien ein allgemeiner Konsens zur EU, ihrer Zukunft und Rolle Deutschlands in diesem Gefüge. Alle Parteienvertreter sprachen sich für ein starkes und gemeinsames Europa aus. Deutschland nehme eine zentrale wirtschaftliche Rolle in der EU ein und gelte zusammen mit Frankreich als eines der „Zugpferde“ der EU. Frau Dr. Seewald schloss damit, dass sie begeistert von dem optimistischen Schwung der EU in den letzten Wochen gewesen sei und der ganze Pessimismus ein Ende haben müsse. Das ganze Reden und Spekulieren ertrage sie nicht mehr. Man müsse jetzt gemeinsam für Europa aktiv werden.
Terrorismus und Sicherheitspolitik
Die Frage war, welche Maßnahmen für die innere Sicherheit und Terrorismusbekämpfung ergriffen werden sollen:
Für Markus Koob sind das internationale Auftreten Deutschlands und die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Nachrichtendiensten und europäischen Partnern wichtig. Laut Koob sollen mehr Überwachungsmaßnahmen und gerechte Strafen, z.B. in Form von Ausweisungen erfolgen. Zudem verlangt er, den Abbau von Polizeistellen zu stoppen und stattdessen, die Polizei personell sowie materiell zu unterstützen.
Dr. Ilja-Kristin Sewald sprach sich ebenfalls für Investitionen in die deutsche Polizei aus. Zusätzlich müsse die Attraktivität für den Beruf gesteigert werden. Deutschland müsse ein offenes Land bleiben und den Schutz der Bevölkerung garantieren.
Dr. Stefan Ruppert positionierte sich auch für eine Zunahme der Polizeistellen. Er fordert eine Durchsetzung der bestehenden Gesetze, anstatt einer Herrschaft des nicht durchgesetzten Rechts, um das Vertrauen der Bürger zu stärken.
Wolfgang Schmitt ist für eine finanzielle Förderung der Polizei. Die Struktur der Geheimdienste solle zentralisiert und finanziell ausgestattet werden.
Sylvia Lehmann verlangt wie Koob und Ruppert eine personelle Aufstockung der Polizei, um Bürgernähe und somit Vertrauen zu schaffen. Sie positioniert sich für den Frieden und kritisiert den Waffenexport, weil die Ursachen für den Terrorismus damit nicht bekämpft werden. Stattdessen werde nur an den Symptomen „gedaddelt“. Die Bundeswehr solle abziehen und keine neuen Einsätze sollen erfolgen.
Die Moderation übernahmen wohl organisiert und inhaltlich kompetent Sebastian Bell und Lukas Schobert.
Moritz Daume, Kim My Tran Thi