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Was ist kosteneffiziente Klimapolitik?
Prof. Weimann (Magdeburg) beantwortet kritische Fragen

Was ist kosteneffiziente Klimapolitik?
Prof. Weimann (Magdeburg) beantwortet kritische Fragen

Die Lerngruppe EPW bei Dr. König hatte sich mit der Energiewende beschäftigt, hier besonders mit dem Erneuerbaren Energiegesetz und war ziemlich verblüfft gewesen, auf einer Video-Plattform mit den Kurzvideos von Prof. Dr. Joachim Weimann konfrontiert zu werden. In zehn Videos behauptet Prof. Weimann unter dem Reihentitel „Nur mal kurz“ offensichtlich Ungeheuerliches: Die seit dem Jahr 2000 betriebene Energiewende auf der Basis des Erneuerbaren Energiegesetzes (EEG) vermeide Energie zu horrenden Kosten und sei somit im Ganzen überaus ineffizient.

Zu dieser Aussage kommt Prof. Weimann mit dem ökonomischen Maßstab der sogenannten Grenzkosten. Er stellt sich die Frage, wie teuer die nächste Einheit des angestrebten Gutes kommt. Das „Gut“ ist in diesem Fall die nächste Tonne eingespartes CO2. Lege man diese Maßzahl zugrunde, dann werde eine Tonne CO2 in vielen Bereichen für Hunderte bis Tausende Euro im Strom- und Verkehrsbereich eingespart.

Und das sei viel, zu viel, insbesondere, wenn man bedenke, dass gleichzeitig ein funktionierender Mechanismus vorhanden sei, mit dem man eine Tonne CO2 über viele Jahre für 7 Euro, aktuell für 60-80 Euro habe einsparen können: Der Europäische Emissionshandel (ETS). Hier würden Zielkorridore festgelegt und sogenannte „Verschmutzungsrechte“ ausgegeben, die am Markt handelbar seien. Der daraus resultierende eine Preis für die CO2 Einsparung sorge als Marktmechanismus dafür, dass die Einsparung möglichst günstig möglich sei. Hier greife ein Marktmechanismus, wie er immer dann vorkomme, wo das Angebot vieler auf die Nachfrage vieler treffe und wo sich dann der für das Gut günstigste Preis bei gegebener Qualität ergebe.

Stattdessen leiste sich die Politik ein Sammelsurium von Maßnahmen, was man damit vergleichen könne, dass man am Markt das gleiche Gut für 60 Euro, 250 Euro und 500 Euro erhalten könne und die Politik vorsehe, dass die Nachfrager anteilsmäßig aus allen Sektoren kaufen müssten.

Besonders im Fokus stand hierbei das Erneuerbare Energiegesetz mit den Prinzipien Einspeisevorrang, festen Vergütungssätzen und EEG-Umlage.

Der Kurs war nun im Internet auf eine Seite gestoßen, die anderes behauptete, wie zum Beispiel:

  • Das EEG verbessere gegenüber dem Emissionshandel die Entwicklung und Markteinführung innovativer Techniken,
  • Das Sinken der Zertifikatspreise sorge dafür, dass Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen unterblieben und
  • technikeffiziente Einspeisevergütung ermögliche die zielgenaue Deckung der Stromgestehungskosten,
  • der Einsparvorteil beim EEG sei viel besser als von Herrn Weimann behauptet.

Herr Weimann hatte sich nun bereiterklärt, den Schülern zu diesen Behauptungen Rede und Antwort zu stehen und eine halbe Stunde am Ende des anstrengenden Semesters für eine Videokonferenz aufzuwenden. Das Gespräch lieferte hilfreiche weitere Erkenntnisse zu ganz unterschiedlichen Themen:

Dem Hinweis, die EEG-Umlage werde ja ohnehin abgeschafft, begegnete Herr Weimann mit der Feststellung, wo vorher der Kostenverursacher den Preis habe tragen müssen und der Preis als Anzeiger für tatsächliche Kosten habe gelten können, werde die Umlage jetzt aus Steuergeldern finanziert, d.h., alle müssten die Kosten tragen und die Anzeigefunktion des Preises gehe verloren. Für den Bundeshaushalt könne er sich gar nicht vorstellen, wie das weitergehe. Der größte Posten dort sei schon jetzt mit 100 Mrd. der Zuschuss zur Rentenversicherung. Dieser werde mit dem Renteneintritt der Babyboomer noch steigen. Diesen Haushalt jetzt auch noch mit dem EEG zu belasten, sei durchaus problematisch.

Die unterschiedlichen Angaben zum eingesparten CO2 bewertete Herr Weimann so, dass die Seite mit den abweichenden Zahlen von einer Lobby-Organisation der Erneuerbaren Energien gestaltet werde. Dort werde die Herkunft der Zahlen vielfach nicht transparent gemacht. Seine Zahlen hingegen seien aus den offiziellen Statistiken des Umweltbundesamtes, insbesondere der „AG Umweltbilanzen“ oder von den Bundesministerien ermittelt und er mache diese auch völlig transparent. Dies sei ohnehin ein Kennzeichen wissenschaftlichen Arbeitens: Vollständige Quellentransparenz und das Peer-Reviewing von wissenschaftlichen Aufsätzen in seriösen Publikationen.

Herr Weimann beantwortete des Weiteren Fragen zur Taxonomie der EU (Nachhaltigkeit von Atomstrom und Gas), zum Zusammenhang von EEG und ihrem Beitrag zur Entstehung innovativer Techniken, zum bedingungslosen Grundeinkommen, zum Verhältnis der deutschen Politik zum Emissionshandel, zur Chance auf Durchsetzung seiner Forschungs-Ergebnisse in der Politik und zum Problem der Komplexität von politischen Problemen in der Demokratie.

Zum letzteren Problem warb Prof. Weimann für die Verwendung gut geprüfter und belegter Narrative. Ein sehr positives Beispiel in dieser Hinsicht sei der Virologe Christian Drosten.

(Kn)

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