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PoWi-Leistungskurse besuchen Europa-Vortrag von Prof. Münkler

PoWi-Leistungskurse besuchen Europa-Vortrag von Prof. Münkler

Europa steckt in einer Krise. Es kann sich in Agonie auflösen, kann in einem Crash zusammenbrechen oder politische Mechanismen finden, die seinen dauerhaften erfolgreichen Fortbestand ermöglichen.

Prof. Münkler, der one-man-think-tank, wie er im Jahr 2003 in der ZEIT apostrophiert wurde, ist kein Vertreter von Euro-Kitsch, der glänzend-verklärte Augen bekommt, wenn die Rede auf politische Messiasfiguren kommt. Sein Metier ist die historisch-ideengeschichtliche Analyse. Dabei überblickt er historische Zeiten und Räume seit dem Altertum. Schwergewichtige und viel diskutierte Arbeiten hat er unter anderem zur Frage der Imperien, der modernen Konfliktanalyse, des ersten Weltkrieges und jüngst zum dreißigjährigen Krieg vorgelegt, aus welch letzterem er Lehren für die Gegenwart ableitet, wie überhaupt eine der Pointen seiner analytischen Arbeiten die ist, dass die Geschichte, wenn schon nicht Blaupausen für die Gegenwart bietet, so doch Kräftefelder bloßlegt, die auch für andere Konflikte und Prozesse hilfreich und bedenkenswert sind.

Im Herbst seiner universitären Tätigkeit stehend, trat er bei einer Veranstaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in den Räumen der Reimers Stiftung in Bad Homburg mit einer Synthese seiner wissenschaftlichen Forschungsfelder am Beispiel Europas („Europa zwischen Stillstand und Reformen“ ) auf. Das KFG war mit insgesamt 20 Schülerinnen und Schüler der PW-Leistungskurse Q2 und Q4 (Dr. König) vertreten und wurde von den Veranstaltern stellvertretend für alle Gäste hervorgehoben begrüßt.

Die Kernthesen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) lauten:

  1. Es braucht ein flexibles Europa der unterschiedlichen Teilhabe-Intensitäten.
  2. Das kann kein Wünsch-Dir-was sein, sondern die deutsche ökonomische Macht kann eingetauscht werden gegen politische Macht (Vgl. sein Buch: Macht in der Mitte. Die neuen Aufgaben Deutschlands in Europa.2015) und sie sollte eingetauscht werden gegen die Bereitschaft zur europäische Solidarität.
  3. Deutschland ist aus der Nazizeit geschichtspolitisch verwundbar. Daraus folgt, dass ein machtpolitisch starkes Auftreten, wie auch eine verstärkte Investition von 2 % des BIP ins Militärische nicht zu empfehlen ist.
  4. Gleichzeitig erwarten die anderen Länder von der stärksten Macht Europas eine Führungsverantwortung.
  5. Die Lösung kann lauten, dass Deutschland eine „schwache Führungsmacht (Hegemon)“ sein kann, deren Leitsatz „Leading from behind“ lautet.
  6. Jetzt, wo die bundesdeutsche Regierungsbildung endlich abgeschlossen ist, muss Deutschland seine Rolle neben Frankreich aktiv spielen.
  7. Nach der Auflösung der bipolaren Weltordnung (Nato-Warschauer Pakt) wird man eine multipolare Weltordnung haben, in der das politische Selbstbestimmungsrecht kleiner Einheiten (Katalonien) zurücktreten muss gegenüber der Definition größerer (in unserem Fall europäischer) Einflusssphären.
  8. Der längste, gleichzeitig schwierigste Weg und wichtigste Weg sollte zu einer europäischen Außen- und Sicherheitspolitik führen.
  9. Europa muss eine Werte- und Interessensgemeinschaft sein.
  10. Dafür braucht es ein „Narrativ“, eine fundierende Erzählung, die bei anstehenden Aufgaben und notwendigen Opfern die Beteiligten nicht gleich ins Portemonnaie schauen lässt, ob es sich für sie auch rechnet.

Es schloss sich eine rege Diskussion an, die im Unterricht gewiss fortgesetzt wird.

Photos:

Titel: Prof. Dr. Herfried Münkler mit einigen Schülerinnen und Schülern der Q2

Bild im Beitrag: Der Moderator, Herr Werner Schlierike von hr-info im Kreise von Schülerinnen und Schülern von Q2 und Q4

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