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Für ein Leben in Freiheit…

Für ein Leben in Freiheit…

Jutta Fleck (geb. 1946 in Dresden) und ihre Tochter Beate Gallus schilderten am vergangenen Mittwoch und Donnerstag auf beeindruckende Weise ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Leben in der DDR-Diktatur. Sowohl die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 als auch die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten am Donnerstag hörten gebannt zu, was die beiden zu erzählen hatten.
Jutta Fleck, damals noch Gallus, wollte nicht mehr in einem Staat leben, der seine Bürger bevormundet, in dem man nicht frei war und nicht einfach sagen konnte, was man wollte. Die Gründung beider deutscher Staaten 1949 hatte schon ihre Familie entzweit – ein Teil lebte in der Bundesrepublik, der andere Teil in der DDR. Pakete und Briefe aus dem Westen erhellten den tristen und grauen Alltag. Im Sommer 1982 war es dann soweit – mit der Hilfe eines Fluchthelfers und ihres Onkels im Westen, von dem sie schon Devisen erhalten hatte, sollte die Fluchtroute über Rumänien, Jugoslawien und Österreich in die Bundesrepublik verlaufen; der Urlaubsantrag für das sozialistische Bruderland war gestellt und genehmigt worden. Mit ihren Kindern Claudia (11) und Beate (9) verfolgte die damals 35-jährige nur ein Ziel: in Freiheit leben.
Aber der Fluchtversuch scheiterte – wie sie später aus den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit erfahren hat – daran, dass sie selbst und auch ihr Umfeld schon lange beobachtet wurden. Jutta Fleck wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, die sie im Frauengefängnis Hoheneck verbringen musste. Ihre Töchter kamen in ein Heim. Nach 26 Monaten wurde sie vom Westen freigekauft, aber ihre Kinder verblieben im Osten. Von dem Moment an kämpfte sie um ihre Töchter, protestierte Tage, Monate, Jahre am Berliner Grenzübergang Checkpoint Charlie mit großen Plakaten, aber es passierte nichts. Mit dem letzten Mut einer völlig verzweifelten Mutter appellierte sie im Berliner Reichstag anlässlich einer Gedenkveranstaltung zum 25. Jahrestag des Mauerbaus vor den Augen der versammelten Weltpresse an die deutschen Politiker, sich für die Freilassung ihrer Töchter einzusetzen. Und endlich – am 25. August 1988 brachte Rechtsanwalt Vogel die Kinder nach Westberlin und sie konnte ihre Töchter wieder in die Arme schließen.
Für ihr mutiges Engagement zur Freilassung ihrer Töchter erhielt sie unter anderem 2007 die Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen und 2009 wurde ihr im Rahmen der Veranstaltung „Gegner des SED-Unrechts“ der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Jutta Fleck setzt sich bis heute – gemeinsam mit ihrer Tochter Beate – für die politisch-historische Aufarbeitung der SED-Diktatur ein. „Die Schüler stellen tolle Fragen“, lobt Frau Fleck ihre interessierten Zuhörer. „Vielen Dank, dass Sie da waren und uns von Ihren Erfahrungen berichtet haben“ – mit diesen Worten wendet sich eine Schülerin am Ende an Frau Fleck – persönliche Erfahrungen machen Geschichte für die Lernenden erfahrbar und sind ein wichtiger Bestandteil der historischen Bildung. (Hte)

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